Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Frühere Arbeitsgebiete (Auswahl)

Asteraceen-Inhaltsstoffe als Antiphlogistika

Extrakte der Kamille (Matricaria recutita L.) und Schafgarbe (Achillea millefolium s.l.) besitzen antiinflammatorische Eigenschaften. Chamazulencarbonsäure (CCA) ist ein Abbauprodukt von Asteraceen-Sesquiterpenlaktonen. Wir zeigten, dass CCA ein natürlich vorkommendes Profen ist, also strukturell den rein synthetischen Antiphlogistika/Analgetika Naproxen, Ibuprofen usw. sehr ähnlich. Wir haben seine Konfiguration, Stabilität und antiinflammatorische Wirksamkeit in Tiermodellen sowie seinen molekularen Wirkungsmechanismus untersucht. CCA zeigte Selektivität für die Cyclooxygenase-2 (PGHS-2). Nach oraler Gabe von Matricin, der biogenetischen Vorstufe, an Probanden im Rahmen einer kleinen klinischen Studie ergaben sich beträchtliche Blutspiegel von CCA. Wir haben außerdem ein Tiermodell etabliert, um die topischen antiinflammatorischen Eigenschaften von Kamilleninhaltsstoffen, deren Mischungen, Kamillenextrakten sowie Extrakten von Asteraceen mit ähnlichen Inhaltsstoffen vergleichen zu können und um die optimale Kombination, Dosierung und Applikationszeitpunkt antiphlogistischer Asteraceen-Inhaltsstoffe zu ermitteln.  Für einen bestimmten Kamillen"inhaltsstoff", Chamaviolin, zeigten wir, dass es sich um ein Aufarbeitungsartefakt handelt.

Kooperationspartner:

Robugen GmbH Pharmazeutische Fabrik, Esslingen

Dr. Gerhard Fürstenberger, Forschungsgruppe Eicosanoide und Tumorentwicklung, Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg

Prof. Dr. Ronald Gust, Institut für Pharmazie, Freie Universität Berlin

Dissertationen und Diplomarbeiten:

C. Oehler, Diplomarbeit (Pharmazie) Halle 2000.

T. Buß, Diplomarbeit (Pharmazie) Halle 2001.

A. Meyer, Diplomarbeit (Pharmazie) Halle 2003.

T. Buß, Dissertation Marburg 2005.

M. Ramadan, Dissertation Marburg 2005.

C. Oehler, Dissertation Halle 2009.

Arachidonsäuremimetika

Nichtsteroidale antiinflammatorische Arzneistoffe (NSAID) hemmen die Oxidation von Arachidonsäure durch COX, und es wird angenommen, dass ihre analgetische und antiphlogistische Wirkung mindestens teilweise darin begründet liegt. Die COX-Hemmung der Arylpropion- und Arylessigsäurederivate erfolgt durch die Nachahmung von Arachidonsäure. Seit herausgefunden wurde, dass Arachidonsäurederivate endogene Cannabisrezeptor-Liganden sind, arbeiten wir und andere Arbeitsgruppen auf der Basis der Hypothese, dass COX-Hemmer oder mit Arachidonsäure acylierte Arzneistoff-Metabolite mit dem Endocannabinoidsystem interagieren. So haben wir u.a. für das bekannte stark wirksame Analgetikum Metamizol (= Dipyrone) zwei Arachidonsäure-Amide als Metabolite identifiziert und pharmakologisch charakterisiert.

Kooperationen:

Prof. Dr. Vincenzo Di Marzo und Dr. Luciano De Petrocellis,  Endocannabinoid Research Group, Consiglio Nazionale Delle Ricerche,  Pozzuoli, Italien

Prof. Dr. Aron H. Lichtman, School of Medicine, Virginia Commonwealth University, Richmond, Virginia, USA

Bernhard Watzer, Mutter-Kind-Zentrum, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Pädiatrische Forschung, Labor für Instrumentelle Analytik, Marburg

Prof. Dr. Rolf Nüsing, Pharmazentrum Frankfurt, Institut für Klinische Pharmakologie, Frankfurt/M.

PD Dr. Matthias Dollinger und Dr. med. Jens Walldorf, Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin I, Martin-Luther-Universität, Halle

Alexander Zörner, Project Manager Pharmacovigilance, Institut für Klinische Pharmakologie, Medizinische Hochschule Hannover

Dissertationen und Diplomarbeiten:

M. Graf, Diplomarbeit (Pharmazie) Halle 1999.

T. Rogosch, Diplomarbeit (Pharmazie) Halle 2003.

T. Rogosch, Dissertation Marburg 2005.

C. Sinning, Dissertation Halle 2008.

Protoberin-Alkaloide

Diese Gruppe von Alkaloiden, die hauptsächlich in Arten der Papaveraceen vorkommen, weisen ein tetracyclisches Ringsystem auf, in dem sich - je nach Blickwinkel - ein substituiertes Phenethylamin oder Vanillylamin verbergen. Die Protoberberin-Alkaloide haben (zu) viele Wirkungen, keine davon so ausgeprägt, dass sie therapeutisch von großem Nutzen wäre. Bisher werden nur wenige Protoberberine sowie Pflanzenextrakte mit Protoberberinen als Psychopharmaka oder Sedativa eingesetzt. Wir versuchen, Wirkungen herauszu"schälen", indem wir neue Derivate synthetisieren und in Pflanzen vorkommende isolieren. Dabei hat uns sehr geholfen, eine alte umfangreiche Alkaloidsammlung zu erhalten. Im Hinblick auf die Synthese untersuchen wir die einzelnen Schritte zum Aufbau der Tetracyclen sehr genau zwecks Ausbeuteverbesserung, und um Grenzen und Möglichkeiten der Ringschlüsse in Abhängigkeit von den Substituenten zu eruieren. Unsere Protoberberine haben sich auch als sehr nützlich in Detailuntersuchungen der Substratanforderungen von CYP-Isoenzymen erwiesen, was im Rahmen einer Kooperation mit einer Arbeitsgruppe in Finnland untersucht wird. CYP-Isoenzyme sind für u.a. den oxidativen Arzneistoff-Metabolismus sehr wichtig.

Kooperationen:

Prof. Dr. Franz Bracher, Department Pharmazie, Zentrum für Pharmaforschung, Ludwig-Maximilians-Universität, München

Prof. Dr. Hannu Raunio, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, University of Eastern Finland, Kuopio, Finnland

Protoberin-Alkaloide

Dissertationen und Diplomarbeiten:

A. Meyer, Dissertation Halle 2008.

A. Horling, Dissertation Halle 2017.

Pharmazeutische Aspekte von Teeinhaltsstoffen

Kaffee und Tee sind die wichtigsten coffeinhaltigen Genussmittel. Sie werden weltweit konsumiert und erforscht. Doch gibt es noch offene pharmazeutisch interessante Fragestellungen. So verfügt man nur über unzureichende wissenschaftliche Beweise für die Aussage, dass schwarzer Tee nach drei Minuten anregend und nach fünf Minuten beruhigend wirken soll. Lässt sich die Antwort mit Hilfe von pharmakokinetischen Daten erbringen? Wie schnell wird das Coffein resorbiert? Wie viel Coffein kann im Blut nach Genuss eines drei oder eines fünf Minuten Tees nachgewiesen werden? Oder lässt sich diese Beobachtung über die anderen Inhaltstoffe des Tees oder deren Metaboliten erklären (s.u. Theanin)? Schließlich haben wir die antibakterielle Wirkung von Tee-Extrakten gegen 111 MRSA-Stämme (klinische Isolate) untersucht.

1.)    Coffein

Die Resorption von Coffein aus Kaffee, Cola und Tee wurde zwar 1973 von V. Marks und J. F. Kelly beschrieben, jedoch war die Probandenzahl mit drei Probanden für statistische Aussagen zu gering, und die applizierte Menge an Coffein war weit über den Mengen einer üblichen Zufuhr von Kaffee oder Tee. Außerdem wurden in den Versuchen nur initial die Resorptionseigenschaften des Coffeins untersucht, so dass die Blutentnahme nach 120 Minuten abgebrochen wurde.

Eine andere Studie, die die Aufnahme und Plasmakinetik von Coffein und Paraxanthin nach Kaffee- oder Tee-Zufuhr bestimmte, ist uns nicht bekannt. Es besteht also Bedarf, den Plasmaspiegelverlauf von Coffein und Paraxanthin nach Konsum üblicher Mengen Kaffee und Tee in üblicher Trinkstärke zu untersuchen. Durch die Studie werden valide Daten über die Resorption und Pharmakokinetik des Coffeins aus sehr lange und oft konsumierten Lebensmitteln gewonnen. Für Coffein sind etliche Interaktionen mit Arzneistoffen bekannt, z.B. mit Theophyllin, Ciprofloxacin, Ephedrin; daher ist die Kenntnis der Pharmakokinetik von Coffein aus Lebensmitteln nützlich zu wissen.

Zunächst wurde eine HPLC-Methode zur Bestimmung von Coffeingehältern in Getränken entwickelt und validiert. Sodann wurde eine kontrollierte Interventionsstudie an gesunden Probanden mit Genehmigung der Ethikkommission unseres Universitätsklinikums durchgeführt: "Bioverfügbarkeitsstudie des Aromastoffs Coffein und dessen natürlichem Metaboliten Paraxanthin nach Konsum von Kaffee und Tee". Die Studie wird derzeit ausgewertet.

2.)    Theanin

Theanin und die homologe Aminosäure 2-Amino-6-ethylamidoadipinsäure konnten bisher nur in Camellia-Arten und dem Speisepilz Xerocomus badius nachgewiesen werden. Theanin ist mit einem Gehalt von 0,3 bis 1,6 % ein Hauptbestandteil im Tee. Von Theanin wurde im Tierversuch nachgewiesen, dass es Coffein entgegenwirkt.

Wie auch bei anderen Aminosäuren ist in vivo eine Metabolisierung des Theanins durch Decarboxylierung zum gamma-Aminobuttersäureethylamid wahrscheinlich. Uns interessiert, welche Wirkung das Arachidonsäureamid von gamma-Aminobuttersäureethylamid als mögliches Stoffwechselprodukt an CB1- und CB2-Rezeptoren hat und ob sich über diesen Mechanismus die speziellen Wirkungen des Tees besser erklären lassen.

Nach der Synthese entsprechender Theanin-Derivate wurden in der Arbeitsgruppe von Prof. V. Di Marzo Assays an Cannabinoid- und TRPV1-Rezeptoren und mit Fettsäureamid-Hydrolase durchgeführt.

3.)    Niedermolekulare Catechine: Antibakterielle Wirkung insbes. gegen MRSA

Infektionen mit Methicillin-resistenten Staphylococcus-aureus-Stämmen (MRSA) haben sich in den letzten Jahren speziell in Krankenhäusern zu einem ernsthaften Problem entwickelt. Gleichzeitig konnte in verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen gezeigt werden, dass Extrakte und Inhaltsstoffe der Teepflanze Camellia sinensis gegen eine Reihe von Viren und Bakterien, unter anderem MRSA, wirksam sind.

In diesem Zusammenhang richtete ein Fachkrankenhaus für Kinder- und Jugendmedizin die Anfrage an unsere Arbeitsgruppe, in welcher Weise und Menge eine Tee-Zubereitung bei Patienten mit MRSA-Befall angewendet werden könnte. Da weder eigene Erfahrungen vorlagen noch der Fachliteratur präzise Angaben entnommen werden konnten, haben wir die bioziden Eigenschaften von Tee-Extrakten, Tee-Lyophilisaten und niedermolekularen Catechinen, insbesondere Epigallocatechingallat (EGCG), auf MRSA systematisch untersucht. Im Vordergrund stand dabei der Zusammenhang von Extraktmenge, Extraktzusammensetzung und Einwirkungszeit. Die Teezubereitungen und Catechine wurden an 111 MRSA-Stämmen getestet. Die Stämme sind klinische Isolate und werden im Hygiene-Institut der Universität Heidelberg, Sektion Infektiologie (Abt. von Prof. Dr. med. Constanze Wendt) gesammelt. Dort fanden auch die Assays statt. Ab einer Konzentration von 40 µg/mL zeigten die getesteten Teezubereitungen bzw. EGCG bei vielen Stämmen Wachstumshemmung. Ab 80 µg/mL EGCG war bei allen Stämmen kein Wachstum mehr festzustellen. Eine Konzentration von 80 µg EGCG pro Milliliter ist, wenn es um eine Ganzkörperdesinfizierung gehen soll (wie in vom Krankenhaus angefragten Beispielen), mit Grüntee durchaus zu erreichen. Bei einem EGCG-Gehalt von 10% - wie ihn viele Grüntees aufweisen - wären für 200 Liter Wasser 160 g Grüntee zu extrahieren. Besser und sicherer wäre ein auf EGCG-Gehalt standardisiertes Lyophilisat. Nachteilig ist, dass nach unseren Studien Grüntee-Extrakte eine lange Einwirkungszeit benötigen, um einen signifikanten bakteriziden Effekt bewirken. Die ersten nachweisbaren Effekte konnten nach 60 min, Reduktionsfaktor-(RF-)Werte von >5 nach 240 min festgestellt werden. Im Vergleich erreichen Desinfektionsmittel auf Alkoholbasis diesen RF-Wert schon nach 30 Sekunden. Um eine ausreichende Wirkung zu erzielen, müsste der Extrakt demzufolge eine längere Zeit auf dem infizierten Gewebe verweilen.

Kooperationen:

Prof. Dr. med. Peter Presek, Sektion Klinische Pharmakologie, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Klinikum der Medizinischen Fakultät, Martin-Luther-Universität

Bernhard Watzer, Mutter-Kind-Zentrum, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Pädiatrische Forschung, Labor für Instrumentelle Analytik, Marburg

Prof. Dr. Vincenzo Di Marzo und Dr. Luciano De Petrocellis, Endocannabinoid Research Group, Consiglio Nazionale Delle Ricerche, Pozzuoli, Italien

Prof. Dr. med. Constanze Wendt, Sektion Infektiologie, Hygiene-Institut der Universität Heidelberg

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