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Andreas Beuchel

Foto: Andreas Beuchel Mai 2020; 
Quelle: privat

Foto: Andreas Beuchel Mai 2020; Quelle: privat

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Quelle: privat

Nicht-tuberkulöse Mykobakterien (NTM) stellen eine ernsthafte Erkrankung für Patienten mit geschwächtem Immunsystem oder vorausgehenden Lungenerkrankungen dar. Als NTM werden alle Mykobakterien zusammengefasst, die weder Tuberkulose (Mycobacterium tuberculosis, Mtb) noch Lepra (Mycobacterium leprae) auslösen. Bei einer Infektion mit NTM wird das Lungengewebe geschädigt, was zu schweren Atemproblemen führt. Es wird geschätzt, dass etwa 50 % der prädisponierten Patienten eine Infektion mit NTM aufweisen. Arten aus dem sogenannten Mycobacterium abscessus-Komplex (MABC) und dem Mycobacterium avium-Komlex (MAC) weisen unter den Patienten die höchste Prävalenz auf. Trotz ihrer Verwandtschaft mit Mtb besitzen NTM unterschiedlich stark ausgeprägte Resistenzen gegen die Standardtherapeutika bei Tuberkulose. Speziell Mycobacterium abscessus (Mab) stellt eines der resistentesten Bakterien gegen eine Vielzahl von Antiinfektiva dar. Durch die Fähigkeit einiger Mab-Stämme, Biofilme zu bilden, verlieren die wenigen effektiven Substanzen (z.B. Clarithromycin) ihre Wirksamkeit. Es existiert kein Medikament, das speziell zur Behandlung von NTM-Infektionen zugelassen ist. Zurzeit sind nur wenige Substanzen zur Bekämpfung von NTM-Infektionen in der klinischen Erforschung. SPR720 ist ein DNA-Gyrase Inhibitor der Firma Spero Therapeutics und derzeit der am weitesten entwickelte Kandidat für einen potenziellen Wirkstoff (klinische Phase 1).

In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe um Thomas Dick vom Center for Discovery and Innovation (CDI) vom Hackensack Meridian Health (HMH) in Nutley, New Jersey, USA entwickeln wir neue Substanzen gegen NTM. Aus einem initialen Screening von Substanzbibliotheken, welche auch Tuberkulose-aktive Verbindungen enthalten, ging unter anderen die Verbindung MMV688844 hervor. (Abbildung 1) Dieses Piperidin-4-carboxamid zeigt gute Aktivität gegen Mtb und Mab und ist bakterizid. Der publizierte Wirkmechanismus der Substanz ist die Hemmung eines ABC-Transporters. Die Angaben der Autoren stützen sich auf in silico Analysen, wodurch der direkte Beweis dieses Targets ausbleibt.

Strukturformel von MMV688844

Das Molekül lässt sich in drei Bausteine einteilen: Die linke Seite besteht aus einem Methoxy-substituierten Aminonaphthyrdin, welches über eine Amidbindung an Piperidin-4-carbonsäure gebunden ist (Linker). Die rechte Seite (RHS) bildet ein 4-Chlorphenyl-Rest und ist über zwei Methylen-Gruppen an den Linker verknüpft.
Quelle: Privat

Das Molekül lässt sich in drei Bausteine einteilen: Die linke Seite besteht aus einem Methoxy-substituierten Aminonaphthyrdin, welches über eine Amidbindung an Piperidin-4-carbonsäure gebunden ist (Linker). Die rechte Seite (RHS) bildet ein 4-Chlorphenyl-Rest und ist über zwei Methylen-Gruppen an den Linker verknüpft. Quelle: Privat

Das Molekül lässt sich in drei Bausteine einteilen: Die linke Seite besteht aus einem Methoxy-substituierten Aminonaphthyrdin, welches über eine Amidbindung an Piperidin-4-carbonsäure gebunden ist (Linker). Die rechte Seite (RHS) bildet ein 4-Chlorphenyl-Rest und ist über zwei Methylen-Gruppen an den Linker verknüpft.

Quelle: Privat

In meiner Arbeit befasse ich mich mit der Synthese und Charakterisierung neuartiger Derivate von MMV688844 sowie deren mikrobiologischer Evaluierung. Meine Kernkompetenz besteht in der Planung und Durchführung von möglichen Synthesewegen. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem CDI wurden vielversprechende Kandidaten für die Wirkstoffentwicklung generiert und mit den Methoden der medizinischen Chemie verbessert. Dies betrifft sowohl die pharmakodynamischen als auch die pharmakokinetischen Eigenschaften der Stoffe. So wird neben der in vitro Aktivität auch die in vitro Stabilität untersucht. Zusätzlich zählt die Modulation der physikochemischen Eigenschaften zur Optimierung der in vivo Pharmakokinetik der Wirkstoffe zu meinem Aufgabengebiet. Zum Beispiel müssen die Löslichkeit und die Permeation der Substanzen so eingestellt sein, dass ausreichende Konzentrationen am Wirkort (Lunge) erreicht werden. Schließlich wird untersucht, ob die hergestellten Stoffe die Anzahl der Bakterien im Tiermodell reduzieren können. Neben der Arzneistoffentwicklung gilt mein Interesse auch akademischen Aspekten wie der Identifizierung von molekularen Targets und den Prozessen, die für die Wirksamkeit der Verbindungen verantwortlich sind. Erkenntnisse auf diesen Gebieten werden in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Medizinische Chemie unseres Instituts zur in silico Strukturoptimierung genutzt. Die Herstellung der auf diese Weise generierten Strukturen wird von mir anschießend geplant und durchgeführt. In den mikrobiologischen Laboren des CDI und der MLU werden die prognostizierten Verbindungen auf ihre Aktivität geprüft.

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