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Angewandte Chemie Presseinformation Nr. 19/2002

Angew. Chem. 2002, 114 (19), 3772 – 3775

Zur Veröffentlichung ab 1. Oktober 2002

Ein Stern bringt Hoffnung

Sternförmiges Molekül als mögliche Waffe
gegen die Cytostatika-Resistenz von Tumoren

Eines der großen Probleme bei der Bekämfung von Krebs mit Chemotherapie ist die Entwicklung einer Mehrfachresistenz des Tumors: Die Krebszellen sprechen dann auf die gängigen Cytostatika nicht mehr an. Ein internationales Forschungsteam hat nun eine neue Wirkstoffklasse entwickelt, die in der Lage sein könnte, die gefürchtete Mehrfachresistenz aufzuheben.
Eine wichtige Rolle bei der Ausbildung einer Mehrfachresistenz spielen so genannte Molekülpumpen, wie das P-Glycoprotein. Manche Tumore sind in der Lage, diese Proteine herzustellen und in ihre Zellmembranen einzubauen, wenn ihnen mit Cytostatika zu Leibe gerückt wird. Die Pumpen schleusen die giftigen Substanzen einfach wieder aus den Zellen aus – und machen die Cytostatika damit unwirksam. Einige Hemmstoffe für die Molekülpumpen hat man bereits entdeckt, unglücklicherweise wirken diese aber erst in einem Konzentrationsbereich, der viel zu starke, gefährliche Nebenwirkungen auslösen würde.
Ein Team um Andreas Hilgeroth, Universität Halle, Josef Molnar, Universität Szeged, Ungarn, und Eric De Clercq, Universität Leuven, Belgien, hat nun eine nicht gerade alltägliche Substanzklasse identifiziert, die bereits in niedrigen, nicht toxischen Dosen der Mehrfachresistenz entgegen wirkt, wie Laborversuche an Krebszelllinien zeigen konnten. Diazatetraasterane ist der wundersam klingende Name der ungewöhnlichen Wirkstoffe. Unter einem Asteran versteht der Chemiker eine Verbindung, die als zentrales Bauelement einen sternförmigen „Käfig“ aus Kohlenstoffatomen enthält (astera = Stern). Ein Tetraasteran ist ein „Stern“ mit vier „Zacken“, zwei dieser Spitzen bestehen bei der Diaza-Variante aus Stickstoffatomen (azote = Stickstoff). An das sternförmige Gerüst sind verschiedene funktionelle Gruppen gebunden. Bedingt durch den Syntheseweg sind diese Gruppen so angeordnet, dass ein streng symmetrisches Gebilde entsteht. Die zentrale steife Käfigstruktur fixiert die räumliche Anordnung dieser funktionellen Gruppen, die offensichtlich genau zu einer Bindungstasche der Molekülpumpen passt.
Hilgeroth: „Die hemmende Wirkung dieser streng symmetrischen Stoffe könnte ein Hinweis auf einen möglichen, bislang unbekannten symmetrischen Bau der Bindungsstelle der Molekülpumpen sein.“ Versuche mit asymmetrischen Asteranen sollen diese Hypothese belegen. Derweil wird das klinische Potenzial der neuen Wirkstoffe weiter unter die Lupe genommen.

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